Gedenkstätte für Walter Otte bei Stapelburg
Matthias Behne | Lautwieleise
Auf einen Blick
Öffnungszeiten
ganzjährig geöffnet
Eintritt
frei
Matthias Behne | Lautwieleise
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Am 11. Juni 1976 gegen 23 Uhr wurde der Bad Harzburger Walter Otte auf dem Bahndamm Eckertal vor dem Grenzzaun erschossen. Ein vom Grenzerkreis Abbenrode aufgestelltes Gedenkkreuz mit einer Hinweistafel erinnert an diesen Vorfall.
Walter Otte war mit acht Jahren das jüngste Kind in der Familie, die sich 1944 nach ihrer Flucht aus dem niederschlesischen Trautliebersdorf in Bad Harzburg angesiedelt hatte. Die Mittelschule schloss er 1950 nach der 6. Klasse ab. Nach einer abgebrochenen Lehre als Fleischer übernahm er Hilfsarbeiten, mal im Sägewerk, mal bei einer Baufirma oder im Kohlenhandel.
1954 zog Walter Otte in die DDR, ein Jahr nachdem sein Vater, ein Bergmann, an Krebs verstorben war. In Dreileben-Drackenstedt in der Magdeburger Börde arbeitete er in einer LPG. Als Kollegen ihn beschuldigten, einen Diebstahl begangen zu haben, kehrte er 1956 wieder nach Bad Harzburg zurück. Zwei Jahre später zog es seinen Bruder Herbert, unzufrieden mit den Arbeitsmöglichkeiten im Kurort, ebenfalls in den Osten, wo er in der Lausitz als Kohlearbeiter begann. Walter Otte verlor dadurch wichtige Bezugspersonen. Nachdem 1961 seine Mutter an Diabetes starb, suchte er sich in den Kneipen, bei den Trinkern der Stadt eine neue Familie. Im Alter von 29 Jahren wurde er 1965 wegen mehrerer unter Alkoholeinfluss begangener Straftaten in eine Trinkerheilanstalt eingewiesen.
Zwischen 1967 und 1970 versuchte Otte mehrmals, über die Grenze in die DDR zu gelangen. Im Herbst 1970 wurde er in Wernigerode zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Inzwischen erschienen auch der westdeutschen Polizei die Grenzgänge Walter Ottes fragwürdig. Ein Bericht der Nachrichtenaußenstelle Goslar vermerkt, dass Otte haltlos und Alkoholiker sei, aber auch als übersiedlungswillig und „stark kommunistisch eingestellt” eingeschätzt werde. Die DDR-Behörden wiesen ihn aufgrund einer Amnestie im November 1972 aus. Doch bereits am 8. Februar 1973 überquerte er wieder die Grenze, wurde festgenommen und einen Tag später erneut aus dem Land gewiesen. Nun vernahm ihn die Polizei im Westen eindringlich, da sie eine geheimdienstliche Tätigkeit vermutete.
Ungewöhnlich reagierten in dieser Zeit auch die Sicherheitskräfte der DDR, die Walter Otte bis zum 18. Juni 1974 noch viermal alkoholisiert in den Grenzanlagen aufgriffen. Man beschränkte sich nun jedes Mal darauf, ihm zu erklären, dass er in der DDR unerwünscht sei, um ihn umgehend wieder auszuweisen. Unter den Grenzern der Kompanie Stapelburg war der Bad Harzburger als lästig aber ungefährlich bekannt, seine Rufe „Hallo Freunde!” oder „Freunde, wo seid ihr?” dürften des Öfteren Gesprächsstoff geboten haben.
1976, erst wenige Wochen nach dem Tod Michaels Gartenschlägers, versuchte Otte erneut über die Grenze in die DDR zu gelangen. Die DDR-Staatssicherheit und die Grenztruppen erwarteten dort „Anschläge” von Nachfolgern der „Gruppe Gartenschläger”. Erst wenige Wochen zuvor hatte jemand Lampen in den Grenzsicherungsanlagen durch Schüsse und Steinwürfe zerstört. Deshalb wurden als „Sondermaßnahme” neben den obligatorischen Grenzposten zusätzliche Grenzaufklärer (GAK) westlich der Grenzzäune eingesetzt, die Aktionen gegen die Grenzanlagen unterbinden sollten. Am 10. Juni 1976 lief Walter Otte gegen 23 Uhr den Bahndamm der ehemaligen Strecke Bad Harzburg – Ilsenburg entlang, um erneut in die DDR zu gelangen. Sein Geld hatte er in einer Kneipe vertrunken. Als er auf den ersten Grenzzaun stieß, rüttelte er an diesen und rief: „Hallo Freunde, hier bin ich … helft mir rüber!” Grenzposten meldeten das ihrem Zugführer, der zwei Grenzaufklärern über das Grenzmeldenetz befahl, sich vor die Grenzbefestigungen zu begeben und den „Provokateur” festzunehmen. Stabsfeldwebel Erwin G. und sein Posten Unterfeldwebel Peter D. näherten sich Otte von hinten und Erwin G. schoss unter nicht mehr eindeutig zu klärenden Umständen auf Otte. Der um 0.30 Uhr eingetroffene Arzt konnte nur noch Walter Ottes Tod feststellen.
Ein Projekt von diesem Akteur
Heimat-, Kultur- und Museumsverein Abbenrode e.V.
Initiative oder VereinDer Verein kümmert sich um den Erhalt von Kulturgut in Abbenrode und im Nordharz, um die Erinnerung an die ehemalige innerdeutsche Grenze und die Pflege der fast 900-jährigen Mühlentradition im Ort.
Ansprechperson
Andreas Weihe Vereinsvorsitzender
Matthias Behne | Lautwieleise
Beauftragter des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Partner auf LandesebeneDer Beauftragte des Landes bietet Unterstützung bei der Dokumentations-, Bildungs- und Forschungstätigkeit von wissenschaftlichen Einrichtungen, Opfer- und Verfolgtenverbänden und anderen bürgerschaftlichen Initiativen.
Ansprechperson
Nora Kreis Referentin des Landesbeauftragten
Telefon: 0391 560 15 11
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Gut zu wissen
Was war die deutsch-deutsche Grenze?
Durch die Beschlüsse der Konferenz von Potsdam wurde Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Bereits früh wurde der Verkehr über die Zonengrenzen reglementiert und Grenzpolizeien aufgestellt. Aus den drei Westzonen entstand 1949 die Bundesrepublik Deutschland, aus der Sowjetischen Besatzungszone die Deutsche Demokratische Republik. Beginnend mit einem Beschluss des Ministerrates der DDR vom 26. Mai 1952 wurde die Grenze zur Bundesrepublik nach und nach ausgebaut und militärisch bewacht. Spätestens mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wurde die DDR-Grenze zu einem nahezu unüberwindlichen Hindernis. Den zeitlichen Höhepunkt der Grenzsicherung bildeten die 70er und frühen 80er Jahre. Zu dieser Zeit war die Grenze ein hochkomplexes Sicherheitssystem aus Streckmetall- und Signalzäunen, teilweise Sichtschutzmauern, Sperrstreifen, Wachtürmen, Hundelaufanlagen, Bodenminen und Selbstschussanlagen. Die Grenze diente dem Zweck, Menschen am Verlassen der DDR mit Gewalt zu hindern.